Wer wir sind:

Was ist das eigentlich, der "Gänsgretelverein"? Dies zu erklären bedarf einiger Verrenkungen. Wir sind ein Brauchtumsverein, der im Jahre 2020 auf 193 Jahre Geschichte zurückblickt. Ursprünglich aus einer Überlieferung entstanden, die wohl mehr auf einer Legende beruht, feiert der Gänsgretelverein jährlich am 2. Januar ein Traditionsfest der Männerfreundschaft. Der Zusammenschluss existiert schon sehr lange, erste nicht urkundliche Erwähnungen datieren auf das Jahr 1827. Man erzählt sich dazu die Geschichte von 5 jungen Burschen, die ein gemeinsames Problem hatten: sie verehrten alle die gleiche Dame, eine Gänsemagd, die im Odenwald volkstümlich Gänsgretel genannt wurde. Das Fräulein verstand es wohl, bei allen 5 Verehrern sowohl die Hoffnung wachzuhalten als auch den Abstand zu wahren, zum Zuge kam keiner der Fünf (die Odenwaldbahn war ja auch noch nicht gebaut)

Zwangsläufige Folge waren Eifersucht und Streit. Wie immer, wenn zuviele Ganserte hinter einer Gans her waren, kam es zur Prügelei. Die fünf Kavaliere hauten sich, wie es im Odenwald nun mal beliebter Brauch war, die Augen dicht.

 

Nach dem Zwist nistete sich so etwas wie Klarheit in den Köpfen der 5 Herren ein (ein bei Verliebten sehr seltenes Phänomen), sie erkannten, daß sie auf dem besten Wege waren, ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Die Legende berichtet von einer feuchtfröhlichen Versöhnung, um die Gänsgretel hat sich keiner mehr bemüht. Dem Vernehmen nach ist sie viele Jahre später als alte Jungfer verstorben....... (Wer's glaubt??).

 

Alljährlich aber feierten die Fünf  den Jahrestag ihrer Versöhnung. Am 2. Januar, was etliche Herren aus Erbach auch heute noch dazu bewegt, im aus diesem historischen Anlass gegründeten Gänsgretelverein das hohe Lied der Freundschaft zu singen und zu feiern. Damen haben bei dieser Veranstaltung keinen Zutritt, aber (im Gegensatz zur Gänsgretel)  nur an diesem Tage. Damit ist sichergestellt, daß in Erbach nicht zuviele alte Jungfern sterben.....

 

An diese Geschichte erinnert in Erbach auch noch der Gänsgretel-Brunnen (auch Badbrunnen genannt) der von uns betreut und je nach Kassenlage  ausgebessert wird

Wie man Mitglied wird:

Mitglied zu werden ist schwierig, aber nicht unmöglich. Ursprünglich war der Beitritt nur für in Erbach geborene Herren vorgesehen, wenn ihre Aufnahme von allen Mitgliedern einstimmig gebilligt wurde. Inzwischen sind wir aber offen für jeden bekennenden Erbacher, wenn er den etwas eigenen Sinn von Humor mit uns teilen möchte, der das Wesen des Vereins ausmacht.

Selbst Bewerber mit Michelstädter Migrationshintergrund sind in der Vergangenheit nicht erfolglos geblieben, wenn auch nur mit viel Mühe und sehr guten Argumenten....

 

  Allerdings ist die Zahl der Mitglieder auf ca. 40 begrenzt. Dies ist kein elitärer Dünkel, sondern schlicht der Platznot in unserem früheren Gänsestall im " Gasthaus zum Eck" geschuldet, und dieses Limit haben wir aus Traditionsgründen weitgehend beibehalten.

 

Bei den Aufnahmekriterien steht ein gesunder Humor und die Fähigkeit, auch über sich selbst zu lachen, ganz oben auf der Liste. EIne bunte Zusammenmischung vieler Charaktere und Professionen hat in diesem Verein zueinander gefunden, Arbeiter und Landwirt, Akademiker und Freiberufler, Rentner und Student, Adel und Bürger, Theologe und Atheist, alle Daseinsformen sind vertreten und haben ihren Spaß miteinander.

 

Am Anfang einer Migliedschaft steht die Bewerbung in schriftlicher Form. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, auch ein Bierdeckel diente schon als anerkanntes Formular. Stimmt die Jahreshauptversammlung dem Beitritt zu, wird der Anwärter über sein zweifelhaftes Glück informiert und hat nun genügend Zeit, sich auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten.

Diese besteht im wesentlichen aus dem Singen des Vereinsliedes, auf einem Stuhl stehend und den Text auswendig beherrschend. Erleichternd wirkt sich dabei aus, daß das Lied nur aus einer Strophe besteht, die in drei mundartlichen Varianten vorgetragen wird. Dieser Vorgang wird in der Unterseite "Der 2.Januar" nochmals ausführlich erläutert.

 

 

Der Badbrunnen - 1964 von einem Erbacher Künstler geschaffen, soll diese Figur eben jene Gänsgretel darstellen, die 1827 ein bis heute nachwirkendes Eifersuchtsdrama auslöste. Nicht unbedingt für jeden nachvollziehbar, oder wie es ein Vereinsmitglied einmal treffend bemerkte: "Wegen dem Besen hätte ich mich nicht gekloppt...!"

 

 

 

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© Bernhard Schlörit